Hochmoor Symposium
NABU Tagung – Welche Zukunft hat das Hochmoor Grünland
Das Moorschutzsymposium des NABU in Rastede war mit über hundert Interessierten und ausgewiesenen Experten sowohl bei den Vortragenden als auch im Auditorium hochkarätig besetzt.
Dr. Heinrich Höper, Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Hannover ging auf Entstehung, Nutzung und Klimarelevanz von Hochmoorgrünland ein. Viele ehemalige Hochmoorflächen im Nordwesten werden als Grünland bewirtschaftet. Auch bei extensiver Nutzung der jeweils oberen Torfschichten wird pro Jahr etwa ein Zentimeter Torf oxidiert und somit CO2 in die Atmosphäre abgebeben. Bei intensiver Nutzung werden bis zu vier Zentimeter pro Jahr verzehrt. Zum Vergleich: unter optimalen Bedingungen dauerte es in der Vergangenheit mindestens 10 Jahre, um einen Zentimeter Torf abzulagern. Diese optimalen Bedingungen gibt es in der Region allerdings seit Jahrzehnten nicht mehr.
Obwohl das Grünland auf Hochmoortorfen stockt, hat es doch mit einem Hochmoor wenig zu tun. Die typischen Hochmoorpflanzen sind im Grünland nicht zu finden und werden sich auch nicht wieder einfinden.
Jürgen Göttke-Krogmann von der Naturschutzstation Dümmer berichtete von seinen praktischen Erfahrungen mit der extensiven Bewirtschaftung von Hochmoorgrünland zum Zwecke des Naturschutzes. Auch bei extensiver Nutzung gelingt es meist nicht artenreiches Grünland zu schaffen. „Bunte“ Weiden sind eine Ausnahme, wirklich seltene Arten sind nicht vorhanden. Die Flatterbinse ist ein großes Problem, sie schränkt die Nutzungsmöglichkeit ein und ist schwer zurückzudrängen. Für den Naturschutz ist die Flatterbinse unerwünscht, da sie durch ihre Dominanz andere Pflanzen verdrängt, Wiesenvögel meiden solche Standorte.
Der Wert für den Naturschutz ist auch deshalb kritisch zu betrachten, weil die Existenz nur vorübergehend ist. In einigen Jahrzehnten wird sich der Torfkörper soweit verzehrt haben, das der Standort weder für Grünlandwirtschaft noch Moorschutz interessant ist.
Für die Universität Greifswald referierte Matthias Krebs über den Torfmooszuchtversuch im Hankhauser Moor. Mit diesem Paludikultur oder Sphagnum-Farming genannten Verfahren soll ein Ersatz für Torf erzeugt werden. Hierfür wird die oberste Schicht des Grünlandes mit dem Durchwurzelungshorizont entfernt und der Wasserstand knapp unter Geländeniveau eingestellt. Torfmoose werden flächig ausgebracht und von einer dünnen Lage Stroh beschattet, der Wasserstand wird reguliert um Überstauung und Austrocknung zu verhindern. Eine Pflege ist erforderlich, um unerwünschte Arten wie Flatterbinse, Birke und Weide in der Anwachszeit zu begegnen. Die Torfmoose können 10 bis 30 cm pro Jahr wachsen, geerntet werden kann in Abständen von drei bis fünf Jahren.
Ganz nebenbei stellen sich seltene Arten wie Sonnentau, Schnabelried und Wollgras ein, so dass die Fläche auch für den Naturschutz interessant ist. Durch die Ernte der Moose wird kein zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre gebunden. Aber durch den Anstau ist der Torfkörper dauerhaft vor Mineralisierung geschützt. Der große klimarelevante Effekt ist eher global zu sehen: der Druck auf die Moore im Osten, etwa das Baltikum, kann gemindert werden. Der gewaltige Bedarf an Torfsubstraten im Erwerbsgartenbau könnte zum Teil in der Region produziert werden und das Problem wird nicht in andere Gegenden der Welt verlagert.
So zu sagen der Stargast war Prof. Hans Joosten, international bedeutender Hochmoorexperte mit Sitz in Greifswald. Er mischte sich lebhaft in die Diskussion ein und legte mit unangenehmen Wahrheiten den Finger in die Wunde. Wir alle sind täglich mit unserem Konsumverhalten am Torfverbrauch beteiligt. Nicht nur mit Blumen- und Kräutertöpfen, auch in An- und Aufzucht vieler Gemüse kommt Torf zum Einsatz. „Wir fressen alle Torf“, sagte er mit ausholender Geste zum Auditorium.
Fazit: Unsere Hochmoorgrünländer sind eine Auslaufmodel. Sie zersetzen den Torfkörper unaufhörlich durch Bewirtschaftung. Sie sind zudem von Kuhlung bedroht, die den Standort noch schneller zerstört. Düstere Aussichten für den Naturschutz. Der Gedanke drängt sich auf, dass die Abtorfung der oberen Torfschichten mit anschließender Wiedervernässung ein Ausweg aus der Sackgasse sein könnten. Die Torfmooszucht ist sicher kein reiner Naturschutz. Aber hier wird der verbliebene Torf vor weiterer Zersetzung geschützt und typische Hochmoorbewohner erhalten ihren Lebensraum zurück.
Informationen zum Projekt: www.torfmooskultivierung.de